In den vielen Reiseführern, die ich in Vorbereitung auf diese Reise gelesen habe, wird das kanadische Frühstück hochgelobt. Es sei üppig, von großer Vielfalt und es sei für jeden etwas dabei: Von süßen Leckereien bishin zu einer deftigen Variante, die dem englischen Frühstück ähnelt. Na, das klingt doch vielversprechend. Also freuen wir uns bereits auf das Hotelfrühstück am Sonntagmorgen.
Umso schockierter sind wir, als wir unter unattraktiven Plastikhauben verklebtes Rührei vorfinden, in dem irgendein Käse zu Tode geschmolzen wurde, unter denen ungenießbare Würstchen traurig vor sich hin schrumpeln und Kartoffelstückchen in großen Fettlachen schwimmen. Ach, Du liebe Güte. Ketschup steht auf allen Tischen bereit, von dem auch bereits beim Frühstück großzügig Gebrauch gemacht wird. Klar – sonst kann man das sicher nicht hinunter würgen. Die Donuts erinnern beim Reinbeißen eher an eine Frisbeyscheibe – ob man die auch mit Ketschup essen sollte? Selbst die frischen Waffeln, die man sich hier backen kann, fühlen sich auf der Zunge an wie ein Amazonkarton – sie schmecken auch so. Beim Müsli würde ich jede Wette eingehen, dass die wechselweise grau, rosa- und babyblauen Stückchen in diesem Spender aus Plastik sind und nur zur Deko hier stehen. Oder sind das Leckerlis für Hunde? Doch der Gast am ersten Tisch gleich neben diesem Ding lädt sich gerade den Löffel damit voll und schiebt ihn sich genüsslich in den Mund. OMG. Ich bin satt. Wir haben genug von diesem „Frühstück“ der besonderen Art – es geht als das schlechteste Frühstück unseres Lebens in die Geschichte ein. Aber das kann es doch noch nicht gewesen sein, oder? Das können wir unmöglich so stehen lassen.
Kurzer Hand steigen wir in unseren Mietwagen und fahren in die Stadt. Ich suche uns ein explizites Frühstücksrestaurant heraus, das eher im oberen Preissektor angesiedelt ist und eins der angesagtesten der Stadt sein soll. Na gut. Wir geben dem Kanadischen Frühstück noch eine zweite Chance. Außerdem gibt uns das die Möglichkeit, gleich etwas von Halifax zu sehen.
Ein breiter Meeresarm trennt Dartmouth von Halifax City, über den mächtige Brücken führen, die auch prompt kostenpflichtig sind. Ich schaue sehnsüchtig zur MacKay Bridge hinüber. Irgendwo dort drüben im Hafen steht unser Allaq… In Halifax leben ca. 400.000 Menschen, die Metropole ist überschaubar. In der City stehen kleine Häuser mit Eckern und buntem Anstrich im Schatten hochmoderner Wolkenkratzer, auch der Friedhof aus dem 19. Jahrhundert wird von ihnen eingerahmt. Im Café ergattern wir den letzten der eher einfachen Tische und ordern ein herzhaftes und ein süsses Frühstück. Jetzt wollen wir es auch wissen.
Das Ganze sieht schon mal deutlich besser aus, schmeckt auch besser. Das pochierte Ei ist gut gelungen, die Kartoffelstückchen sind hübsch mit Parmesan bestreut, dazu passt der Ruccolasalat. Speck und Würstchen scheinen allerdings nicht die Domäne der Kanadier zu sein. Auch die Waffel mit Rhabarberkompott, Erdbeercreme, Karamelstückchen, Erdbeersauce und Ahornsirup (natürlich) ist vor allem ziemlich süß. Und warum in aller Welt soll man dazu noch Speck und Würstchen bestellen? Werden die Würstchen dann oben in die Erdbeersahne gesteckt und attraktiv mit Speck umwickelt? Na ja, so ganz überzeugt hat uns das jetzt auch nicht. Aber Kanada hat den letzten Platz der Frühstücksqualität wenigstens wieder an Japan abgetreten, wo man uns am frühen Morgen mit Reis und fermentierten Sojabohnen schockierte… 🙂
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Ihr Lieben
Vielen Dank für die erheiternden Berichte! So schön von euch zu lesen. Und ich bin froh, seid ihr gut durch die Turbulenzen gekommen.😱
Ich bin gespannt, wie es weitergeht! Geniesst es! Herzlich Pia