Anderstouren

Der Felsengrill

Das Schöne an dieser Reise ist, dass wir so viel Zeit haben, dass wir einfach dorthin fahren und das machen können, wonach uns gerade der Sinn steht. Einige Mal hat uns das Wetter zu ein paar Schlenkern gezwungen, doch meistens waren es nur Lust und Laune, die unsere Route geformt haben. Selbst jetzt, am Ende dieser Tour können wir uns das noch erlauben und da uns die Küste nun doch in ihren Bann gezogen hat, sind wir einfach noch geblieben.

Seit drei Tagen pilgern wir jetzt von einer traumhaften Bucht zur nächsten. Meistens zweigt nur eine kleine sandige Piste in Richtung Küste ab, die sich dann in eine Spur im Tiefsand verwandelt. Doch Allaq wühlt sich mit stoischer Gelassenheit durch diesen sandigen Alptraum und bringt uns direkt ans Wasser, wo wir unser Lager aufschlagen. Die Strände scheinen sich dabei gegenseitig übertreffen zu wollen: Bei dem einen tanzen hunderte von Seesternen in der Brandung. Der nächste breitet für uns einen Teppich aus Milliarden winziger, weißer Muscheln aus, die den Strand überziehen, so weit das Auge reicht. Wasservögel laufen auf ihren langen Beinen eilig in den kleinen Wellen umher und suchen mit ihrem spitzen Schnabel nach Futter. Felsen, die die Wellen in bizarre Formen gebracht haben, rahmen unseren „Privatstrand“ ein und werden von der Abendsonne in ein warmes Licht getaucht. Wir sind hier völlig allein, gehen stundenlang am Strand spazieren, oder sehen einfach nur der Sonne zu, wie sie im Meer versinkt und die Wolkenfetzen in Brand setzt…

Heute Abend werden wir dann von einer langgezogenen, stillen Bucht überrascht. Der Tiefsand hier hat es in sich und unser Wagen kommt einige Male böse ins Schlingern. Trotzdem fahren wir den weiten Strand bis zum Ende hinab und stellen uns dann auf eine kleine Felsstufe, gleich über dem seichten Wasser. Begeistert klappen wir die Kabine auf, die Außenküche hinunter und stellen die Stühle auf unsere mit Natursteinen gepflasterte Terrasse.

Dann krempeln wir die Hosenbeine hoch und waten in die Bucht hinaus. Der Sonnenuntergang zaubert glitzernde Spiegelungen auf die glatte Oberfläche und taucht den Horizont in eine leuchtende Farbpalette von Orange bis zum einem tiefen Purpur. Das Wasser, das sanft gegen unsere Knöchel plätschert, ist gar nicht kalt, obwohl es in den letzten Tagen deutlich kühler geworden ist. Der Wind hat auf Süd-West gedreht und sowohl die drückende Hitze, als auch die Fliegen zurück ins Outback geschickt. Insofern genießen wir gerade eine „fliegenfreie“ Zeit am Meer bei 25 Grad. Da bleiben eigentlich keine Wünsche offen.

Das einzige, was uns hier draußen etwas Kopfzerbrechen bereitet, ist der Status unserer Vorräte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir so lange im Bereich der Shark Bay unterwegs sein würden und hatte eigentlich nur für drei Tage am Steep Point eingekauft. Dieser Einkauf liegt nun aber über eine Woche zurück und wir haben seither keine Stadt, keine Tankstelle und keinen Supermarkt mehr gesehen. Der Tank macht uns noch keine Sorgen und unsere Wasserkanister haben wir einfach mit 10 Litern Notwasser aufgefüllt, die wir jetzt seit 20.000 Kilometern mit uns spazieren fahren. In der Simpson Desert hätte es uns vor dem Verdursten bewahren sollen und jetzt duschen und spülen wir eben damit. Brot haben wir natürlich auch schon länger nicht mehr, auch das Notbrot ist aufgegessen und heute Morgen ist uns auch noch die Milch ausgegangen, sodass Müsli zum Frühstück ebenfalls ausscheidet. Wir hatten aber noch eine Fertigpackung Pancakes, die man glücklichweise mit Wasser anrühren konnte und sind kurzerhand auf Pfannkuchen umgestiegen.

Der Zufall wollte es zudem, dass beim letzten Einkauf Porterhouse Steaks zum Schnäppchenpreis im Angebot waren und davon befinden sich nun noch zwei Stück nebst einigen Salatresten in unserer Kühlbox. Das Abendessen wäre also gerettet, wenn sich nicht beim Backen der Pfannkuchen auch noch die letzte Gaskartusche verabschiedet hätte. Hm. Was tun? Wir haben Hunger. Feuerholz gibt es hier leider keines. Also muss der Grill an den Start.

Ich krame eine Weile im Keller und hole den zusammen geknüllten Sack mit der Grillkohle hervor. Doch schon beim Anheben der Tüte sinkt mir der Mut und ein Blick hinein macht eigentlich alle Hoffnungen auf eine warme Mahlzeit zu Nichte. Am Boden befinden sich noch einige kärgliche Reste, die sicher niemals ausreichen werden, um damit zwei Steaks zu braten. Doch Christian verbreitet Zuversicht und baut sogleich unseren Grill auf. Die jämmerlichen Kohlestückchen glühen auch bald darauf fleißig am Boden unseren Grills, doch leider erreicht ihre Hitze das Grillrost nicht. Man kann sich bestensfalls die Hände aufwärmen, aber ganz sicher kein Fleisch garen.

Im Licht der Stirnlampe stehen wir etwas ratlos neben unserem nutzlosen Grill und überlegen. Die Sterne funkeln über uns und spiegeln sich auf den Wassern, die mit einem sanften Gluckern gegen die Felsen schlagen. Wir haben immer noch Hunger. Da fällt der Lichtkegel auf eines der ausgewaschenen Löcher im Fels und wir haben die Lösung! Also schütten wir unsere wenigen Kohlen kurzerhand in ein Loch, das gerade tief genug ist, damit sie darin verschwinden. Dann legen wir unser Rost mit den Steaks auf den Fels und direkt über die Glut. Bald darauf hören wir voller Erleichterung das ersehnte Zischen und Bruzeln. Na also. Geht doch! Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, dass unsere Porterhouse Steaks vom Felsengrill besonders köstlich geschmeckt haben… 😉

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