Anderstouren

Geschmolzene Butter

13. November 2019 – unsere Reise geht weiter. Hm, eigentlich wollten wir schon im August wieder im Flieger sitzen, doch dann kommt uns ein Wasserschaden im Haus dazwischen. Glücklicherweise bemerken wir noch rechtzeitig vor Stornierung der Flüge, dass unsere Reiserücktrittsversicherung Wasserschäden abdeckt und die Kosten der Umbuchung somit übernimmt…

Doch eine Reise nach Australien im November war nie geplant und bringt so einige Schwierigkeiten mit sich. Im Oktober brüten wir wie im Jahr zuvor über seitenlangen Anträgen und Formularen, denn unser Carnet de Passage (der „Personalausweis“ für unser Auto) läuft im November ab. Wenn das passiert, kostet es lockere 12.000 Australische Dollar Strafe !! Also müssen wir schleunigst eine Verlängerung beantragen, telefonieren, schicken Briefe per Express nach Australien, überweisen Gebühren. Kurz vor Abflug dann die Bestätigung: Unser „Allaq“ darf nun noch ein weiteres halbes Jahr im Land bleiben.

Am 14. November landen wir in Perth. Unser Autochen hat die ganze Zeit brav in einer Garage auf uns gewartet. Alles ist ganz vertraut; gerade so, als wären wir nie weg gewesen. Unser großer Plan: Noch einen Teil der Canning Stock Route zu fahren! August wäre dafür die perfekte Zeit gewesen, November ist es mit Sicherheit nicht. Es wird Sommer und damit ist es vielleicht schon zu heiß. Die Wettervorhersage spricht von 42 Grad im Outback. Na gut, das hatten wir letztes Mal auf der Canning auch…

Also füllen wir unsere Vorräte auf – auch der Einkauf im Coles ist ganz vertraut. Dann fahren wir 800 Kilometer gen Norden und mit jedem Kilometer steigt gefühlt die Temperatur. Am Ende kommen wir schon auf halber Strecke bei 46 Grad an. Auch das kennen wir von unserer letzten Reise – doch irgendwie sind es dieses Mal andere 46 Grad. Sonst gab es einige Stunden, meistens zwischen 14 und 16 Uhr, in denen es richtig heiß wurde, doch jetzt hat das Thermometer bereits morgens um halb acht die 40 überschritten! Die Hitze hält sich dann flimmernd und gnadenlos den ganzen Tag bis 2 Uhr nachts. Dann wird es kurzzeitig ein wenig kühler (35 Grad?), um mit Sonnenaufgang sofort wieder in die Vierziger zu schießen. Das ist kein Spaß! Draußen kann man es eigentlich gar nicht aushalten. Der heiße Wind verbrennt einem die Haut und ohne Klimaanlage ist es unerträglich. Ein klatschnasses Handtuch trocknet innerhalb von 5 Minuten und die Butter aus dem Kühlschrank wird schonnach einer Minute in der heißen Luft komplett flüssig. Abgefahren und unmenschlich…

Wir ändern unsere Pläne, fahren nicht weiter nach Norden nach Newman, sondern steigen von Süden in die Canning Stock Route ein. Wir wollen wenigstens einen Versuch unternehmen, unseren Traum zu verwirklichen und auf die Canning zurück zu kehren. Doch bereits nach den ersten Wells wird schnell klar: Es geht nicht, es ist einfach zu heiß. Bei diesen Temperaturen muss man eigentlich permanent fahren, da man es nur im Auto aushalten kann. Gleichzeitig droht das Auto zu überhitzen und dann kann es hier draußen richtig gefährlich werden. Obwohl wir Wasservorräte ohne Ende an Bord haben, könnte es trotzdem bei 46 Grad im Schatten haarig werden, auf Hilfe zu warten. In dieser totalen Einöde, bei diesen Temperaturen und um diese Jahreszeit ist hier natürlich niemand unterwegs. Also kehren wir um und mit der Butter schmilzt auch unser Traum, die Canning Stock Route fortzusetzen…

Dennoch genießen wir einen Tag auf dem legendären Track und verbringen wenigstens einen Abend dort draußen in der Wildnis. Christian hebt eine Feuergrube aus und entzündet ein Lagerfeuer, während ich nach Pias Rezept Mehl, Nüsse, Trockenfrüchte, Hefe, Wasser und Essig zu einem Brotteig verknete. Wer mich kennt, der weiß, dass ich wahrlich kein Bäcker bin. Aber dieses Brotbacken hier macht Spaß. Außerdem will ich doch unbedingt meinen „Pioneer“-Topf ausprobieren, den ich mir kurz vor der Abreise letztes Mal gekauft habe und der noch nie zum Einsatz gekommen ist. Es handelt sich dabei um einen gusseisernen Topf mit einem gewölbten Deckel, den man direkt ins Feuer stellt und den Deckel mit Glut füllt. Natürlich haben wir keine Ahnung, wie lange das Brot in der Glut bleiben muss, aber nach ungefähr 20 Minuten riecht es verdächtig und wir nehmen den Topf wieder aus dem Feuer. Klar, ist das Brot ein wenig verbrannt, es war immerhin unser erster Versuch – aber für uns ist es das beste Brot der Welt! Immerhin haben wir es wie die früheren Pioniere direkt auf dem Feuer gebacken… Wir fühlen uns also ganz wie Alfred Canning und seine Begleiter.

Allerdings werden die Herren mit Sicherheit keinen Raclettegrill dabei gehabt haben. Aber unsere Schweizer Freunde Pia und Felix haben natürlich dafür gesorgt, dass wir ihr „Erbe“ antreten und nun auch ein Raclette im Gepäck haben. Und da dies unser einziger Abend auf der Canning bleiben wird, muss nun auch noch das Raclette an den Start. Wenig später brutzelt dann der Käse in den Pfännchen, während das Lagerfeuer brennt und die Sterne über uns zu leuchten beginnen. Geschmolzene Butter hin oder her: Für diesen magischen Abend hat sich die weite Fahrt ins Outback gelohnt!

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