Anderstouren

Hole-in-the-Rock Road die IV.

Das Grand Staircase Escalante National Monument ist eine riesige Wildnis nördlich des Lake Powell. Nur vier Straßen dringen in dieses sonst unerschlossene Wüstengebiet aus bizarren Felsformationen, tiefen Canyons und Schluchten vor. Eine von ihnen ist die Hole-in-the-Rock Road, kurz HITTR. Doch allein bei der Erwähnung ihres Namens bekommen die meisten Jeepfahrer einen seltsamen Glanz in den Augen. Sie zu bezwingen ist die Königsdisziplin, keine Frage.

Auch für uns ist es der 4. Versuch. 2012 probierten wir uns das erste Mal an der HITTR. Doch bereits nach 6 Kilometern flogen die Kaffeetassen in unserem gemieteten Wohnmobil derart bedenklich durch den Schrank, dass wir umkehrten. 2014 schaffen wir es dann immerhin knapp 20 Kilometer bis zum Devils Garden. In diesem „Garten“ der besonderen Art haben die Künstler Wind und Wetter den Stein so bearbeitet, dass nun überdimensionale Troll- und Zwergenköpfe auf ihren Sockeln stehen und auf den Besucher hinabglotzen. Immer wieder faszinierend.

2016 bewältigten wir mit unserem gemieteten Wrangler Jeep dann immerhin 50 Kilometer der berüchtigten HITTR, bevor uns das Wellblech das Hirn dermaßen durchschüttelte, dass wir aufs Neue aufgaben. Mit Allaq scheinen wir deutlich besser aufgestellt zu sein. Sein Fahrwerk und der reduzierte Reifendruck sorgen dafür, dass wir die ersten 60 Kilometer erstaunlich schnell hinter uns bringen. Doch damit sind wir natürlich noch nicht am Ziel. Denn für einen jeden HITTR-Fahrer geht es darum, einmal durch das berühmte Loch im Fels zu blicken. Also abwarten. Fürs Erste zwingt uns die Dunkelheit dazu zu übernachten. Es gibt nicht viele, die sich so spät noch auf den Weg in die HITTR machen und so sind wir mit den Hoodos und der Wildnis allein.

Am nächsten Morgen brechen wir dann zu einer Wanderung auf, die so einige Überraschungen für uns parat hält. Eigentlich hatte ich gedacht, dass 8 Kilometer wohl zu meistern seien, selbst wenn wir die meiste Zeit durch tiefen Sand stapfen müssen. Doch der Sand ist nicht das Problem. Schon nach kurzer Zeit müssen wir die steilen Wände des Willow Gulchs, eines Slot Canyons entlang und hinunter klettern.

Kaum haben wir dieses Hindernis überwunden, spuckt uns der Trampelpfad an einem Bachlauf aus, der tatsächlich Wasser führt. Einige Male müssen wir durch das Wasser waten, über Stein hüpfen, um das andere Ufer zu erreichen. Viel schlimmer als das, sind allerdings das dichte Schilf und das biestige Gestrüpp, das hier im Wasser bestens gedeiht. So müssen wir uns immer wieder durch den Busch kämpfen und ich verwende meine Wanderstöcke als Machete.

Die Orientierung wird in diesem Dschungel aus mannshohen Halmen fast unmöglich; eine Markierung des Weges gibt es nicht. Die Wanderer vor uns scheinen genauso verzweifelt gewesen zu sein wie wir. Denn sie haben viele Pfade geschaffen, von denen 5 in die Irre führen und nur einer der Richtige ist. Dann kommen wir völlig unvermittelt an eine Felswand, die wir mühevoll hinaufklettern müssen, ohne genau zu wissen, ob wir überhaupt noch dem Weg folgen. Zerkratzt, nass und dreckig biegen wir schließlich um eine Kurve und bleiben fasziniert und erstaunt stehen. Über uns erstreckt sich der Brocken Bow Arch. Ein Gigant aus massivem Fels mit einer Spannweite von 31 Metern. Sein Anblick entschädigt für die Mühen des Weges – und die Brotzeit, die wir uns dann gönnen 🙂

Wieder am Auto bin ich völlig erledigt. Trotzdem wollen wir diese verfluchte Piste noch zu Ende bringen. Die letzten 40 Kilometer sind aber so ähnlich wie diese Wanderung. Wir bekommen es zwar nicht mit Gestrüpp zu tun, dafür müssen wir aber den ein oder anderen tiefen Wash queren, uns über Felsplatten und Steilabfahrten arbeiten. Wir kommen nur noch langsam, sehr langsam voran! Die Wellblechpiste hat sich nun in einen echten Track verwandelt, der sich steil und schmal von Felsrücken zu Felsrücken windet. Doch nach weiteren zwei Stunden kommt es dann endlich in Sicht: Das berühmte Hole in the Rock.

Wir können es kaum fassen, dass wir es nun endlich geschafft haben sollen, stellen Allaq ab und rennen die letzten Meter regelrecht den Berg hinauf. Und dann können wir durch eine tiefe Spalte im Fels blicken, die uns bis hinuter zum Lake Powell sehen lässt. Ein unglaublicher Anblick und wir verstehen, warum die HITTR so viele in ihren Bann zieht. Wir recken auf jeden Fall strahlend die Arme und fühlen uns wie die stolzen Gewinner unseres persönlichen, kleinen Rennens – bis uns auffällt, dass wir den ganzen Weg nun auch wieder zurückfahren müssen…


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