Anderstouren

Mitten ins Herz

Allaq rumpelt über eine schmale Sandpiste, auf die wir abgebogen sind, um zur geographischen Mitte Australiens zu fahren. Wenn wir schon die ganze Zeit um das rote Zentrum zirkeln, dann wollen wir auch einmal wirklich in dessen Mitte stehen. Und das tun wir dann auch wenig später: Die Australische Flagge weht an einem Metallgestell, das sich wunderbar erklimmen lässt, um sich für ein Foto in Position zu bringen. Es ist zwar eigentlich Blödsinn, aber irgendwie ist es ein erhebendes Gefühl: Jetzt sind wir also wirklich mitten im Herz des roten Kontinents!

Unsere Mittagspause verbringen wir bereits zum zweiten Mal wie die Aborigines. Wir halten einfach am staubigen Straßenrand an, stellen den Kocher in den Eingang der Kabine und kurz darauf brutzeln Würstchen und Brötchen auf dem Campingtoaster. Der fertige Hotdog ist zwar die Europäische Version des gekochten Kängurus, doch wir essen ihn trotzdem einfach im Stehen und im Straßengraben, während uns die Fliegen umschwirren. Je länger man hier ist, desto mehr wird man wahrscheinlich wie die Ureinwohner des 5. Kontinents. Das könnte man zumindest glauben, wenn man meine abgebrochenen Fingernägel, meine Füße, die Sonne und Staub rotbraun gefärbt haben und Christians Frisur betrachtet.

Genau eine Woche nach dem Zyklon kehren wir nun nach Mount Dare zurück und können sehen, was Trevor mit der Landschaft gemacht hat: Der Sturm hat Verkehrsschilder wie Grashalme umgeknickt, die nun platt auf der Straße liegen. Allerdings sind auch die Pfützen der Creeks zum ersten Mal mit Wasser gefüllt und die trockene, ausgedorrte Ebene wird von einem grünen Flaum frischer Grashalme überzogen, die eifrig aus der Erde drängen. Ja, es blühen sogar Blumen in der Wüste.

Blumen in der Wüste…

Am Roadhouse halten wir dann ein kurzes Schwätzchen mit Dave, der uns mit einem Winken und einem Lachen begrüßt wie ein alter Freund. Er freut sich zu hören, dass unsere „Flucht vor Trevor“ erfolgreich war und wir scherzen kurz über die beiden unbelehrbaren Männer, die trotz aller Vorwarnungen bei Sturm und Regen in die Simpson Desert wollten. Allerdings müssen wir zu unserer Schande gestehen, dass auch wir deswegen hierher zurück gekommen sind. Was ist denn nur los mit dieser Wüste? Irgendwie zieht sie einen magisch an. Dieses Mal wollen auch wir auf die berühmte French Line und sie einmal befahren: Die 1100 Dünen der Simpson Desert.

Bei Dave füllen wir unseren Tank noch einmal auf und bekommen letzte Informationen über die Straßenverhältnisse. Seine Tipps sind sicherlich wertvoller, als die der ollen Broschüre, die wir mit der Entrichtung des Eintrittspreises für den Nationalpark erwerben. Dort wird erklärt, was ein Allradfahrzeug ist und geraten, dass man sich mit der Zuschaltung seines Allradantriebes vertraut machen soll, bevor man in die Wüste einfährt. Hallo? In der Simpson Desert sind schon Menschen verdurstet, weil sie bis zur Achse im Sand stecken geblieben sind. Lassen die wirklich solche Grünschnäbel auf die Wüste los? Aber wahrscheinlich sind sie dort draußen ums Leben gekommen, weil sie nicht wussten, wie man die Freilaufnarben rein macht, oder welcher der Schalthebel für die Untersetzung ist.

Gut, da sind wir eindeutig besser vorbereitet. Um es mit Daves Worten zu sagen: „With your car you’ll be perfectly fine!“ Und wenig später ist es dann auch wirklich soweit: An den Dalhousie Springs fahren wir in die Simpson Desert ein und Christian holt unsere Sandflagge aus dem Alkoven. Dann klettert er auf das Dach und schraubt sie endlich in seinen eigens dafür gebauten Halter. Er ist dabei wahrscheinlich ähnlich stolz wie Neil Armstrong, als er die Amerikanische Flagge auf dem Mond aufstellte. Es ist zwar nur ein kleiner Schritt für uns.. okay, lassen wir das.

Die ARB-Sandflag ist auf dem Dach!

Die Sonne sinkt und wirft ihr warmes Licht über die weiten Ebenen, die erst am Horizont von einer Hügelkette begrenzt werden. Ein Dingo kreuzt unseren Weg und hält kurz inne, um uns näher zu betrachten. Auch wir betrachten ihn neugierig. Die Wildhunde gibt es in dieser Gegend besonders häufig und es wird davor gewarnt, ihnen zu nah zu kommen. Dieser hier hat jedoch eher Angst vor uns und sucht rasch das Weite.

Dingo in der Simpson Desert

Wir schlagen unser Lager auf einer felsigen Anhöhe auf, während die Sonne untergeht. Danach färbt sich die ganze Himmelskummel in den unterschiedlichsten Gelbschattierungen, wie ich es noch nie gesehen habe. In der Mitte hinterlässt die Sonne einen zitronengelben Schein, der langsam in ein Dunkelgelb, ein Orange und irgendwann in einen kräftigen Lilaton übergeht. Nichts hindert dabei die Sicht, kein Baum, kein Berg und schon gar kein Gebäude. Als der unglaubliche Malkasten dann langsam verblasst, wird er von Millionen Sternen abgelöst, die den dunklen Nachthimmel zum Strahlen bringen. Sechs Sternschnuppen zählen wir an diesem Abend und können uns von dem faszinierenden Schauspiel am Firmament gar nicht los reißen. Es stimmt schon: Die Wüste packt einen irgendwie, trifft einen mitten ins Herz…

Ein Kommentar

  1. Hallo ihr Lieben!
    Wunderschönes Naturschauspiel!
    Auch wir genießen hier die Natur, die langsam wieder zum Leben erwacht. Kommt gut durch die Wüste.
    LG aus der Heimat

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: