Oase in der Wüste
Verdorrte Büsche und Sand ziehen am Autofenster vorbei, ab und zu ein einsamer Joshua Tree. Seit Tagen sind wir nun in einer absolut trockenen Wüste unterwegs, haben Teile der Mojave Desert durchquert. Es ist heiß. Das Thermometer klettert auf 35°, die Sonne ist unbarmherzig. Wenn wir aussteigen, haben wir das Gefühl, dass sie uns die Haut versenkt. Undenkbar, in dieser Hitze durch die Wüste zu laufen. Die Gegend wirkt lebensfeindlich, trostlos, absolut ausgestorben. Das dies ein gewaltiger Irrtum ist, merken wir jedes Mal nachts, wenn wir es in den Büschen rascheln hören und die Koyoten in der Ferne ein Konzert anstimmen. Tagsüber flitzen Streifenhörnchen über die Piste und klettern in den Felsen herum. Auch sie scheinen zu den Überlebenskünstlern dieser Wüste zu gehören.
Nach Tagen absoluter Trockenheit sind wir dann ziemlich überrascht, als wir nach Tecopa kommen. Es ist ein verschlafenes, vielleicht auch vergessenes Nest am Südrand des Death Valley – doch dort fließt Wasser im Flussbett des Amargosa Rivers! Enten schwimmen auf kleinen Seen, Palmen und üppiges Grün gedeiht an den Ufern. Das haben wir hier mitten in einem der heißesten und trockensten Orte der Welt nicht erwartet. Doch es ist eine echte Oase, eine Oase in der Wüste.
Wir schlagen unser Lager auf einem kleinen, ziemlich heruntergekommenen Campground auf. Es ist nichts anderes als ein staubiger Platz, mit einem wackligen Tisch, der auch schon bessere Zeiten gesehen hat. Von der Toilettenanlage sprechen wir besser nicht – der Lokus wir lediglich von einem fadenscheinigen Vorhang verdeckt, den man zuziehen kann, wenn man das Örtchen aufsucht. Doch von unserem Platz haben wir Blick auf den See und die Berge in der Ferne. Außerdem ist hier niemand, was uns sehr entgegenkommt – auch im Hinblick auf die Toilette 🙂
Natürlich lasse ich es mir nicht nehmen, ein Bad in den Badehäusern des kleinen Ortes zu nehmen. Sie sind streng nach Geschlechtern getrennt – nur nichts Unzüchtiges im prüden Amerika. Ich gehe also brav in das Badehaus für Frauen. An der Wand finden sich allerlei Anweisungen, was Frau alles nicht darf. Zum Beispiel nicht in die Ecke spucken, die Haare nicht im Pool färben und auch die Klorollen nicht stehlen. Ich bin einigermaßen befremdet. Du liebe Güte. Was für Leute gehen denn hier normalerweise baden?
Doch ich bin glücklicherweise allein. Die warmen Quellen des Ortes speisen einfache Betonbecken, die Wände sind weiß getücht. Schmucklos und praktisch. Die Fenster wirken baufällig, eins ist bereits rausgefallen. Doch das Wasser ist einfach herrlich. Ich lasse mich behutsam in eins der Becken gleiten und schaue zum Himmel. Es ist dunkel, über mir leuchten unzählige Sterne. Ich schließe die Augen und genieße die Wärme. Unwillkürlich kommt mir ein Zitat aus dem kleinen Prinzen in den Kopf, dass ich vor Ewigkeiten gelesen habe. Doch es stimmt: „Es macht die Wüste schön, dass sie irgendwo einen Brunnen hat!“
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