Anderstouren

Swimming with Seals in Baird Bay

Natürlich war uns klar, dass die Querung der Nullarbor Plain lange dauern würde. 1200 Kilometer brauchen einfach ihre Zeit. Aber wo sind bitte die 2,5 Stunden hin, die man uns mal eben gestohlen hat? Wir müssen die Uhr nämlich gleich zweimal um 45 Minuten (!) vorstellen, dann gibt es in South Australia auch noch keine Sommerzeit und schwups ist es nicht 18 Uhr, sondern 20:30 Uhr. Das ist im wahrsten Sinne „blödes Timing“, wenn man bis zum Einbruch der Dunkelheit fahren und dann früh wieder aufstehen will. Als am nächsten Morgen dann um 6 Uhr der Wecker geht, ist es für gerade einmal 3:30 Uhr. Autsch! Unsere Innere Uhr hatte sich gerade an die Zeit in Western Australia gewöhnt…

Mühevoll quälen wir uns aus den Federn. Aber noch einmal mit Seehunden um die Wette zu schwimmen, ist es bestimmt wert, mitten in der Nacht aufzustehen. Wir fahren die verbliebenen 100 Kilometer, die wir gestern vor Einbruch der Dunkelheit nicht mehr geschafft haben und sind pünktlich zum Tourbeginn in Baird Bay. Alan, der das „Schwimmen mit Seehunden“ jetzt seit 20 Jahren anbietet, ist herrlich unaufgeregt. Während wir in Neuseeland zig Formulare unterschreiben mussten und auf Galapagos eine riesen Show aus dem Anlegen der Wetsuits und dem Auswählen der Masken gemacht wurde, geht hier alles mit viel Ruhe zu. Wir haben ohnehin unsere eigenen Neophrenanzüge und die Schnorchelausrüstung dabei, doch auch das interessiert hier keinen wirklich. Es gibt keine große Einweisung und es werden auch nicht allzu viele Worte verloren. Mit sechs anderen Tourteilnehmern gehen wir einfach an Bord eines kleinen Aluminumbootes und dann geht es auch schon los.

Alan fährt uns mit blinder Sicherheit durch die Bucht und nur wenige Minuten später sind wir umringt von Delphinen. Sie sind so nah, dass wir sie vom Boot aus anfassen könnten. In Gruppen von 3-4 Tieren gleiten sie neben der Reling entlang, zeigen ihre glänzenden Flossen und springen manchmal sogar ganz aus dem Wasser. Dabei können wir sehen, dass zwei Babydelphine dicht neben ihren Müttern schwimmen. Laut Alan sind sie erst vor drei Tagen geboren worden. Er kennt „seine“ Delphine ganz genau.

Auch das Revier kennt er wie seine Westentasche. Das zeigt sich spätestens, als wir uns der Seehundkolonie nähern. Das Wasser wird hier nämlich erschreckend flach und einige Felsen verbergen sich heimtückisch direkt unter der Oberfläche. Doch auch in diesem Fall bewahrt Alan die Ruhe. Er zieht den Motor hoch und lässt den Rumpf des Bootes einfach über die Felsen schrappen, bis wir das Hindernis passiert haben. Und dann sind die Seehunde ganz nah. Einige räkeln sich am Strand, andere sonnen sich auf den Felsen und wieder andere toben und balgen im Wasser. In dieser Bucht herrscht so ein reges Treiben, dass wir gar nicht wissen, wohin wir zuerst schauen und worauf wir die Kamera richten sollen. Hier lässt ein Pelikan sein Gefieder im warmen Wind trocken und dort klettert ein prächtiger Bulle die Felsen hinunter, um seine Weibchen mit einem Brüllen zu begrüßen. Sie antworten aus verschiedenen Richtungen und sogar die neugeborenen Puppies lassen ein Quietschen hören.

Alan lässt uns in aller Ruhe Fotos schießen und dann gibt er uns das Startsignal. Ich habe Maske und Schnorchel blitzschnell angelegt und bin als Erste im Wasser. Im nächsten Moment bin ich von drei Seehunden umringt, die mich neugierig mit ihren großen dunklen Augen betrachten. Ich drehe einige Kreise und zwei von ihnen kreiseln mit mir. Es scheint ihnen Spaß zu machen mit dem seltsamen Fisch zu schwimmen, der natürlich lange nicht so eine gute Figur im Wasser macht wie sie. Ich gebe durch den Schnorchel einige Laute von mir, begrüße sie freundlich und biete ihnen ein Einzelgespräch an. So animiere ich sie dazu, immer wieder direkt auf mich zu zu schwimmen und unter mir hindurch zu tauchen. Auch ich tauche einige Male auf den sandigen Meeresboden hinab, auf den die Sonne goldene Muster schickt. Dabei kann ich die Seehunde aus nächster Nähe betrachten und beobachten, wie sie um einen erbeuteten Fisch streiten, Salti drehen, oder sogar übermütig aus dem Wasser springen. Einmal kommt einer von ihnen so nah an mich heran, dass er mich mit seiner haarigen Schnauze an der Hand berührt und ein anderer hätte um ein Haar in die Kamera gebissen. Ich erkläre ihm dann, dass die Gopro nicht so richtig lecker schmeckt. Also wendet er sich lieber wieder seinem Fisch zu.

Stundenlang hätte ich hier bei den Seehunden bleiben und ihnen zusehen können, doch irgendwann gibt Alan das Zeichen zum Aufbruch. Ich bin natürlich die Letzte, die die silberne Leiter zum Boot wieder empor klettert und das nicht ohne mich noch einmal von meinem kleinen Freund mit dem glänzenden Fell und den großen schwarzen Augen zu verabschieden. Effektiv sind wir auch weit über eine Stunde im Wasser gewesen. Aber ich habe die Zeit völlig vergessen.

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