Wir klopfen uns den Staub aus den Klamotten, die Reifen werden auf Straßendruck hochgepumpt, viel zu schnell ist der Tacho bei 90km/h. Denn nun geht es zurück in die Zivilisation. Tagelang haben wir uns in der Anza Borrego und der Mojave Wüste versteckt, draußen geduscht und über dem Feuer Brot gebacken. Jede Nacht standen wir in einem anderen einsamen Tal und bis auf das Schnauben eines genervten Esels war es absolut still. Doch nun wollen wir es 3 Tage lang mit der Großstadt aufnehmen und zwar nicht mit irgendeiner Großstadt, sondern mit keiner Geringeren als LAS VEGAS!
Ich muss dazu sagen, wir lieben Vegas. Doch dort erwartet uns so ziemlich genau das Gegenteil von dem, was wir sonst auf unseren Reisen suchen. Wir überqueren die Grenze nach Nevada und finden gleich in der ersten Tankstelle Spielautomaten vor. Natürlich. Dafür zahlen wir im Vergleich zum Nachbarort in Californien mehr als halb so wenig für den Diesel und sparen mit einer Tankfüllung knapp 100 Euro! Okay, zugegeben – wir sind ziemlich leer in Nevada angekommen.
Der Verkehr nimmt drastisch zu. Auf einmal fahren wir wieder auf einem Freeway mit 10 Spuren. Die großen Hotels der Skyline kommen bereits 50km, bevor man die Stadt erreicht, in Sicht. Sie sind einfach gigantisch groß. Egal, ob Bellagio, Mirage oder MGM Grand – es dauert gut 20 Minuten, um an einem Hotel vorbei zu laufen! Um das New York New York und die Freiheitsstatue saust eine Achterbahn, vor dem Paris steht der Eifelturm. Nur die Wasserspiele des Bellagios können wir dieses Mal nicht bewundern – dort ist eine Formal 1 Strecke aufgebaut, die mitten durch Vegas führt. Völlig verrückt. Welcome to Fabulous Las Vegas!
Unfassbar ist auch der Lärm in dieser Stadt. Es gibt keine einzige Ecke, an der nicht irgendwo Musik, Trommeln, oder eine lärmende Sportshow zu hören ist. Las Vegas schläft einfach niemals. Zudem gibt es unglaublich viele Menschen, die sich über den Strip – die Hauptvergnügungsmeile von Vegas schieben. Auch hier muss der Verkehr von Hostessen geregelt werden, die die Masse Fußgänger über das Las Vegas Boulevard scheucht, bevor sie platt gefahren werden.
Wir stehen auf jeden Fall erstmal unter Schock. Die vielen leuchtenden Werbevideos, die über ganze Häuserfronten projeziert werden, die allgegenwärtig blinkenden und piepsenden Spielautomaten, all die Menschen und das Gedränge sind für uns sehr gewöhnungsbedürftig. Doch nach einer Weile haben wir uns tatsächlich adaptiert und stürzen uns einfach mit ins Gewühl. Wir gehen essen – auch im feinen Fischrestaurant steht der Heinz Ketschup auf dem Tisch – gönnen uns Starbucks Kaffee und besuchen zwei Cirque du Soleil Shows. Zwei Klassiker: KÀ und Mystère. Beide Shows sind großartig und wir wieder einmal vollkommen begeistert.
Nur eines verstehen wir absolut nicht: Die vielen Menschen, die Schein für Schein in diese Automaten stecken, wohlwissend, dass am Ende doch nur die Bank gewinnt. Doch vielleicht entgeht uns da etwas. Vielleicht haben wir den Reiz bisher einfach nicht erkannt. Also wollen wir unser Glück auch versuchen. Wir sind immerhin in Vegas. Also investieren wir großzügig einen Dollar in einen einarmigen Banditen. Der Schein wird ziemlich schnell von dieser Maschine verschlugen. Und was jetzt? Ich sitze etwas ratlos vor dem Teil. Die Ausprägung einer Spielsucht scheitert bei mir schon allein daran, dass ich einfach gar nicht weiß, wie man diese Dinger bedient. Irgendwann betätige ich wahllos ein paar Knöpfe und einen Hebel und dann rührt sich auch wirklich etwas. Die Zeichen fangen an sich zu drehen und nach 5 Sekunden ist der Spaß vorbei. Natürlich haben wir nicht gewonnen. Trotzdem sind wir ganz beseelt von unserem Versuch am Casinoleben teilzunehmen und wir finden, dass ein Dollar dafür ein angemessener Preis war 😉
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