Anderstouren

Wo sich Lux und Landy gute Nacht sagen…

Newman, ein Ort mit 3500 Einwohnern in der östlichen Pilbara, bietet endlich alles, was wir für einen Versorgungsstopp so brauchen. Hier gibt es einen Supermarkt, eine Tankstelle, eine Bank und der „East Pilbara Tyre Service“ hat sogar unseren Reifen auf Lager. Im Heimwerkermarkt bekommt Christian zudem die Ersatzteile, um einige der Schäden zu reparieren, die das Wellblech auf dem Anne Beadell Highway hinterlassen hat. Dabei stellt er fest, dass auch eines der beiden Regale in der Kabine locker ist. Die Schrauben sind einfach abgebrochen. Der „Home Hardware“ ist zwar gut ausgestattet, doch ausgerechnet die Schraube, um unser Regal wieder an der Wand zu befestigen, hat er nicht. Das ist wirklich blöd. In dem kleinen Ort gibt es natürlich keinen zweiten Baumarkt und wir können nicht mal eben zur Konkurrenz gehen. Auf der anderen Seite wird das Regal die nächste raue Piste auf keinen Fall lebend überstehen und noch weiter ausbrechen.

Christian steht ratlos auf dem Parkplatz und sucht fieberhaft nach einer alternativen Lösung. Es ist erdrückend schwül, die hohe Luftfeuchtigkeit treibt einem den Schweiß aus den Poren. Die Fliegen umschwirren uns und es ist kaum möglich, einen klaren Gedanken zu fassen. In diesem Moment hält eines der Mienenfahrzeuge neben uns und ein hagerer Mann mit einem orangenen, ölverschmierten Overall steigt aus. An die verblüfften Mienen der Aussies, wenn sie ein Fahrzeug mit Linkslenker entdecken, haben wir uns mittlerweile gewöhnt. Der Aufkleber „Caution, left hand drive“, der unsere Kabine ziert, zieht ihre neugieren Blicke einfach immer wieder auf uns. Auch die vielen Nachfragen, wie wir dieses Auto denn auf den 5. Kontinent bekommen haben, gehören längst zum Tagesgeschäft. Auch dieses Gespräch mit dem Mienenarbeiter verläuft ganz ähnlich. Allerdings haben wir nicht damit gerechnet, dass er auf seinem Pickup ein gut sortiertes Schraubenlager spazieren fährt. Als der Mann mitbekommt, dass wir einige Reparaturen durchzuführen haben, uns aber die passenden Schrauben fehlen, beginnt er sogleich damit, sämtliche Kisten auf seiner Ladefläche zu öffnen. Er kramt eine Weile darin herum, reicht Christian diese und jene Schraube, bis er tatsächlich die Metallschraube zu Tage fördert, die wir gerade brauchen. Nicht zu fassen. Er schenkt sie Christian mit einem breiten Grinsen und wir kommen dazu, endlich eines unserer Gastgeschenke an den Mann zu bringen.

24 Stunden später ist alles repariert, sind wir frisch geduscht, haben wieder saubere Wäsche, eine prall gefüllte Kühltruhe und einen neuen Ersatzreifen. Wir sind also wieder startbereit und nach acht Tagen Busch auch ausreichend restauriert, um wieder auf unsere Mitmenschen losgelassen zu werden. Denn hier in Newman treffen wir uns mit Pia und Felix aus der Schweiz und wir wollen doch nicht, dass sie gleich wieder kehrt machen, wenn sie uns erblicken ;-).

Wir spulen kurz zurück, machen einen Zeitsprung. Es ist Anfang März, wir sind auf Kangaroo Island. Dieses Mal sind wir diejenigen, die voller Verblüffung neben einem Auto mit Linkslenker stehen. Es ist ein schöner Landrover Defender mit Schweizer Kennzeichen, in Ausstattung und Ausbau unserem Allaq gar nicht unähnlich und das erste Fahrzeug aus Europa, das wir auf unserer Reise treffen. Natürlich sprechen wir die beiden Besitzer an, die uns auf den Holzplanken entgegen kommen, die zum Admirals Arch hinab führen. „Gehört der Landy da oben zu Euch?“ So beginnt unser Gespräch, aus dem ein netter Austausch über unsere Autos, die Schwierigkeiten bei der Verschiffung, das tagelange Putzen und die Quarantäne wird.

Pia und Felix sind uns auf Anhieb sympathisch. Die beiden sind Lehrer und haben sich ein ganzes Jahr frei genommen, um die Welt zu bereisen. Ihren „Karibu“ haben sie aus Südamerika auf die Reise geschickt, was die Verschiffung des Wagens aber auch nicht einfacher gemacht hat. Im Gespräch, das wir noch am nächsten Morgen auf dem Campingplatz fortsetzen, stellen wir bald fest, dass es mehr Gemeinsamkeiten gibt, als das ähnliche Gefährt, oder die Probleme mit den Australischen Quarantänebestimmungen. Die beiden haben ganz ähnliche Einstellungen wie wir, auch, was das Offroadfahren betrifft. Sie sind genauso wenig nicht scharf darauf, ihren Wagen bis zur Achse im Schlamm einzugraben, um ihre Winde möglichst oft zum Einsatz zu bringen. Ganz im Gegenteil. So entsteht die Idee, eine Tour gemeinsam zu fahren und was bietet sich dafür besser an als die berühmte Canning Stock Route? Für die längste und einsamste Piste Australiens wird nicht nur einmal empfohlen, im Konvoi zu fahren, um dadurch mehr Sicherheit zu gewinnen und wir freuen uns zudem auf gemeinsame Abende am Lagerfeuer.

Heute ist es dann endlich soweit: Der Landy rollt auf den Parkplatz der Touristeninformation in Newman, Pia und Felix steigen lächelnd aus. Fast zwei Monate sind wir nun in Kontakt geblieben, haben Nachrichten von einem Satellitentelefon zum anderen geschickt und trotzdem war es nicht klar, ob wir uns wirklich hier treffen würden. Nun ist es schön, sich wieder persönlich gegenüber zu stehen und gleich auf nichts Geringeres als die Canning Stock Route zu starten. Ab jetzt werden unser Lux, wie der Hilux kurz genannt wird und der Landy also gemeinsame Sache machen…

2 Kommentare

  1. Frohe Ostern, Ihr Lieben! 🐰
    Habt eine schöne Tour zu viert!
    Wir sind gespannt, wie es weiter geht.
    Liebe Grüße aus Hessen und „Achs- und Regalbruch“ ! 😊

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