Anderstouren

Die Südroute – Florida – „der letzte Schlenker“

Unsere Reise neigt sich nun wahrhaftig dem Ende entgegen und Florida ist der letzte Schlenker, den wir uns leisten, bevor es nach Baltimore geht und wir unser Auto wieder nach Hause schicken. Wir waren noch nie in Florida und da wir quasi „dran vorbeikommen“, wollen wir doch auch einen Blick riskieren.

Und, was soll ich sagen? Florida ist erwartungsgemäß, in jeder Hinsicht. Es ist auch Ende November noch herrlich warm und natürlich scheint die Sonne im dafür berühmten „Sonnenstaat“. Der Strand ist von schneeweißem, unglaublich feinen Sand bedeckt, braungebrannte Kerle joggen mit Stirnband und nacktem Oberkörper an den tosenden Wellen entlang. Jeder Quadratzentimeter der begehrten Küste ist bebaut. Direkt am Wasser reihen sich Luxusvillen der Extraklasse aneinander: Weiße Säulen, Balkone und palmenumstandende Terrassen und Pools. Hier wohnen die Schönen und Reichen. Doch auch die weniger Betuchten wollen ein Stück von Sonne und Meer abbekommen und so ist Florida vor allem eines: Unfassbar voll. Es herrscht ein irrer Verkehr und frei zugängliche Natur, oder gar Wildnis sucht man hier vergebens.

Nun, das dachten wir zumindest. Umso überraschter sind wir, als wir eine harmlose Wanderung in einem State Park antreten und uns nach wenigen Metern in einer Art Djungel befinden. Es ist noch früh am Morgen, die Sonne ist gerade erst aufgegangen. Schlingpflanzen hangeln sich an den Bäumen empor und Mangrovenbäume hängen ihre langen Wurzeln in die zahlreichen Tümpel und Seen, die diesen Wald durchziehen. Der gut markierte Wanderweg verwandelt sich zudem ziemlich rasch in einen Trampelpfad und dann lediglich in eine Fußspur, die sich immer mehr im Matsch verliert. Der Pfad ist zugewachsen, sodass wir uns durch dichtes Buschwerk kämpfen müssen. Ist das überhaupt ein Wanderweg?

Ein Reh, das mit seinem auffälligen, buschigen Schwanz stark an Bambi erinnert, springt erschrocken davon. Auch dieses Tier hat nicht damit gerechnet, hier auf einen Wanderer zu stoßen und wir zweifeln immer mehr daran, dass es hier noch weiter geht. Der Hurrikan und die starken Regenfälle der letzten Tage haben den Pfad zum Teil überflutet und wir kommen nur noch langsam voran. Wir schieben noch einmal ein paar Blätter beiseite, dann öffnet sich der Busch und wir stehen vor einem langgestreckten See. Riesige Palmenblätter hängen in dessen grünliches Wasser hinab, das im Morgenlicht mystisch und unergründlich schimmert. Was dort wohl auf uns lauert? Nun wird uns doch etwas mulmig zu Mute. Denn ein Schild weist ziemlich deutlich darauf hin, dass hier Alligatoren kreuzen!

Der Wanderweg geht zu allem Überfluss am anderen Ufer weiter und wir müssen einen wackligen Holzsteg queren, der jedoch zur Hälfte im Wasser versunken ist und einen wenig vertrauenserweckenden Eindruck macht. Mit weichen Knien balancieren wir über diese Brücke der besonderen Art, als ein lautes Platschen zu hören ist. Shit – was ist das? Dann noch ein Platschen, Wasser schwappt auf das Ufer, über den Steg. Verflucht, da bewegt sich etwas. Wir können das Tier zwar nicht sehen, aber ziemlich deutlich hören. Wir stehen wie erstarrt. Dann treten wir schleunigst die Flucht und den Rückweg an. Christian hebt hastig einen dicken Knüppfel vom Waldboden auf und wir rennen regelrecht zum Auto zurück. Mit Krokodilen ist schließlich nicht zu spaßen. Aus dem Augenwinkel meine ich im Laufen auch tatsächlich einen dieser Vertreter am Hang liegen zu sehen. Doch meine Phantasie hat mir einen Streich gespielt und es ist nur ein Baumstamm…

Wir kommen also an einem Stück und einige Tage später heil in Baltimore an. Nachdem wir Allaq zum Hafen gebracht haben, steigen wir in den Flieger und fliegen zurück nach Denver. Nicht zu fassen. Wir haben 9 Tage gebraucht, um diese Strecke mit dem Auto zu fahren und nun fliegen wir in 4 Stunden alles wieder zurück. Das kommt uns irgendwie ziemlich sinnlos und zudem erschreckend schnell vor. Doch in Denver liegt hoher Schnee und das zeigt uns, dass die Südroute doch die richtige Wahl war. Der direkte Weg nach Baltimore wäre ziemlich ungemütlich geworden. So viel steht fest.

Und als wir in Denver ins Flugzeug steigen, um nach Frankfurt und nach Hause zurück zu fliegen, stellen wir auch zum 13. und letzten Mal auf dieser Reise die Uhr um… Knapp 25.000 Kilometer liegen hinter uns und obwohl wir wohl noch ewig durch die Lande ziehen könnten, haben wir das Gefühl, dass unsere Reise nun rund, dass alles getan ist. Und gleichzeitig bleibt noch so vieles offen, gibt es noch so viel zu entdecken. Wer weiß, vielleicht kommt Allaq irgendwann wieder nach Amerika zurück – wir ganz bestimmt 🙂


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