Anderstouren

Mit der Spinne im Netz

Der Talawana Track bringt uns zum Einstieg in die Canning Stock Route und zum ersten Mal auf dieser Reise fahren wir im Konvoi. Glücklicherweise sind Pia und Felix genauso versessen auf Fotos wie wir, sodass die Fotostops kein Problem darstellen. Die Landschaft, die sich uns im weichen Abendlicht bietet, ist aber auch so verlockend, dass wir einfach anhalten müssen. Termitenhügel stehen in der weiten Ebene und heben sich vor einem dunklen Regenhimmel ab, über den imposante Wolkenberge ziehen. Hier in der Pilbara sehen die Termitenhügel aus wie überdimensionale Hütchen, oder rote Kuhfladen, die seltsam in die Höhe geschossen sind. Im Gegensatz zu den schlanken Säulen im Roten Zentrum wirken sie auf jeden Fall deutlich wuchtiger und können mehrere Tonnen schwer sein.

Termitenhügel in der Pilbara

Doch nicht nur die Form der Termitenhügel sagt uns, dass wir in einer völlig anderen Region unterwegs sind, das Klima hat sich auch stark gewandelt. Natürlich, wir haben uns immerhin deutlich in Richtung des tropischen Nordens bewegt. Aus den Wolken prasseln immer wieder heftige Regengüsse auf uns herab und in der Luft hängt eine warme Feuchtigkeit, die die Haut mit einem Schweißfilm überzieht. Gewitter bauen sich am Horizont auf und bescheren uns nicht nur eine grandiose Wolkenstimmung, sondern auch einen Regenbogen, vor dem eine Herde Dromedare über die Ebene zieht. Der würzige Geruch von nasser Erde und warmem Holz weht durch das offene Fenster herein und so fühlt es sich nicht nur so an wie in einer Sauna, es riecht auch so.

Gewitterstimmung über unserem Lager

Als wir am Abend unser Lager abseits der Piste aufbauen und unser Feuer entzünden, zucken immer wieder Blitze über den dunklen Horizont und eine elektrisierende Spannung liegt in der Luft. In der Nacht gehen Gewitter auf uns hernieder, die von einem heftigen Sturm begleitet werden. Die Windböen reißen derart grob an unserem Zelt, dass wir die Exkab sicherhaltshalber einklappen und uns in der geschlossenen Kabine auf den Boden kauern, bis das Unwetter vorbei ist. Leider bringt das Gewitter keinerlei Erleichterung. Die Ventilatoren laufen bereits auf Hochtouren und trotzdem lindern sie die Hitze in der Kabine kaum. Der Regen verdampft auf dem aufgeheizten Boden und sorgt dafür, dass es nur noch schwüler wird.

Das spüren natürlich auch die Fliegen, die in dieser Gegend so zahlreich sind wie nie zuvor. Durch die Gewitterstimmung sind sie regelrecht manisch und stürzen sich zu hunderten auf jeden Zentimeter Haut, als wir am nächsten Morgen die Kabine todesmutig verlassen. Es ist ein Leben hinter dem Netz, denn ohne Moskitonetz können wir uns keinen Schritt bewegen. Pia und Felix haben sich sogar ein Fliegenzelt zugelegt, um wenigstens ab und zu ohne Fliegen draußen sitzen zu können. Das kommt uns auch gleich zu Gute, denn so können wir gemütlich gemeinsam frühstücken, ohne dabei aufgefressen zu werden. Also schleusen wir Tisch, Stühle und unser Frühstück möglichst fliegenfrei in das Zelt und befinden uns bald darauf in einer Oase ohne Fliegen. Die Ausgesperrten titschen von außen enttäuscht gegen das Netz. Sie geben alles, um doch noch zu uns vorzudringen und ihre verzweifelten Versuche klingen, als würden Regentropfen auf das Zelt prasseln, so zahlreich sind die kleinen Quälgeister.

Wir lassen uns aber nicht stören und unsere Gastgeber erzählen uns beim Frühstück, dass sich gestern eine „King Brown“ in dieses Zelt verirrt hat. Die Schlange sei zwar unter dem Zelt hindurch geschlüpft, habe dann aber den Ausgang nicht mehr gefunden. Das Tier sei in Panik geraten und die Insassen natürlich auch. Zum Verständnis, eine King Brown ist eine der giftigsten Schlangen Australiens und ich versuche mir gerade vorstellen, wie es ist, mit Schlange, die einen Meter misst und zudem verdammt tödlich ist, in einem Zelt eingesperrt zu sein… Da schreit Felix auf und macht einen riesen Satz von seinem Stuhl. Der Tisch wackelt, der Tee fällt um, Orangensaft schwappt über. Du liebe Güte. Was ist denn jetzt passiert? Ist die King Brown etwa wieder zurück?

Felix schreit immer noch und ich schreie prophelaktisch mit. Wenn sich ein Mann derart erschreckt, dann muss auf jeden Fall etwas schrecklich Gefährliches in diesem Todeszelt sein. „Eine Spinne, eine riesige Spinne“, bringt er irgendwann außer Atem und mit weit aufgerissenen Augen hervor. Und dann sehe ich sie auch: Eine braune Spinne, die sicher so groß ist wie meine Hand, versucht gerade unsere Frühstückskiste hochzuklettern. Für Pia und mich gibt es kein Halten mehr. Wir kreischen wie die Mädchen und wären am liebsten auf den Tisch gesprungen, während Christian und Felix redlich bemüht sind, das Tier aus dem Zelt zu befördern. Sie sind sicher etwas überfordert mit der Riesenspinne und ihren beiden kreischenden Frauen, die irgendwann einfach kopflos aus dem Eingang stürzen. Kein Wunder, dass es den beiden erst einmal nicht gelingt, das Monster zu bändigen. Die Spinne denkt außerdem gar nicht daran, das lauschige Zelt zu verlassen. Also müssen unsere beiden Helden kapitulieren und werfen schließlich einfach einen Topf über das Biest. Damit ist die Gefahr fürs Erste gebannt und auch wir trauen uns wieder in das Zelt zurück. Wir setzen unser Frühstück fort und schwören uns feierlich, ab jetzt nur noch feste Schuhe zu tragen. Trotzdem ist es ein seltsames Gefühl, mit einer Spinne in einem Netz gefangen zu sein…

Be „spider save“ !

3 Kommentare

  1. Ja, das war ein Frühstück, welches wir sicher nie mehr vergessen! Wir sitzen übrigens wieder im Zelt… bis jetzt keine tierischen Erfahrungen mehr!😉

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