Mit zwei Autos quälen wir uns durch die City von Halifax. Dabei ist es gar nicht so einfach, Kolonne zu fahren. In Kanada gibt es diese seltsame 4-Way-Regel, die das sogar fast unmöglich macht. An einer Kreuzung hat derjenige Vorfahrt, der zuerst ankommt. Danach fahren alle anderen Autos in der Reihenfolge ihrer Ankunft. Da ich hinter Christian fahre, bin ich immer erst an der 5. Stelle dran und er ist bereits hinter der nächsten Ecke verschwunden. Ganz schön stressig.
Trotzdem müssen wir noch einmal zu Toyota zurück und ein paar Sachen aus dem Allaq holen, die wir gerne mit ins Ferienhaus nehmen möchten. Wir packen also alles in unseren neuen Mietwagen und wollen dann schleunigst wieder los – heute müssen wir schließlich auch unseren treuen Westy wieder abgeben. „Ach Christian, ich gehe eben nochmal rein und sag‘ hallo.“ Er zuckt die Schultern. „Wenn Du meinst…“ Er hat Recht. Eigentlich ist alles gesagt: Das Ersatzteil kommt erst im Oktober, dann wird die Reparatur gemacht. Doch mit der Chefin habe ich noch nicht gesprochen und es ist sicher gut, noch einmal Flagge zu zeigen. Ich folgen also meinem Bauchgefühl, gehe mal wieder mit pochendem Herzen durch diese Tür und verlange den Boss zu sprechen. Keine Ahnung, ob sie überhaupt Zeit für mich hat. Dann das übliche bange Warten.
Doch Val kommt wahrhaftig um die Ecke gerauscht, sie hat ein Lächeln auf den Lippen. Na immerhin. Dann sagt sie etwas, was ich schlicht nicht verstehe. Sie wiederholt es, aber diese Wortfolge macht für mich überhaupt keinen Sinn. Sie sagt es mit anderen Worten, weil ich sie nur ratlos ansehe, doch auch dann traue ich meinen Ohren kaum: Das Ersatzteil ist da – gerade eingetroffen. Nein, das ist nicht möglich, das kann nicht sein. Wir haben so eben ein Ferienhaus und einen Mietwagen organisiert, uns auf eine weitere Woche Wartezeit eingestellt und jetzt das? Val schmunzelt über meine verdutzte Miene. Zugegeben, ich stehe gerade etwas neben mir. Die Reparatur wird morgen gemacht. Ich kann es nicht fassen. Ich könnte jubeln, wenn ich nicht völlig sprachlos wäre. Mein Sprachprogramm setzt zudem endgültig aus, kein Kontakt mehr zur Großhirnrinde…
Irgendwie gelingt es mir noch, das Notwendigste mit Val abzusprechen. Dann stürme ich aus der Tür und rufe nach Christian. Dieser kommt einigermaßen irritiert hinter dem Mietwagen hervor und ich versuche in Worte zu fassen, was gerade geschehen ist. Doch auch das Deutschprogramm ist ausgefallen, ich stammele. Die Botschaft scheint trotzdem rüber zu kommen: Christian strahlt. Er hat Recht. Wir haben allen Grund uns zu freuen, denn das ist die Nachricht, auf die wir die ganze Zeit gewartet haben! Mit ein bisschen Glück, haben wir in den nächsten Tagen unseren Allaq wieder und können unsere Reise endlich beginnen! Und damit konnten nun absolut nicht mehr rechnen!
Wie in Trance steige ich in den Mietwagen und sehe kopfschüttelnd zu der Tür der Werkstatt zurück. Ich weiß nicht, was Val gesagt hat. Aber es war bestimmt irgendeine kanadische Redewendung. Ich lächele und nicke. Sie hat bestimmt so etwas gesagt wie „Alles geritzt, oder alles in Butter“ 🙂
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