Anderstouren

Buschklo mit Aussicht…

Meine Güte, ist das herrlich! Die Temperaturen hier unten auf der Eyre Peninsula westlich von Adelaide haben sich bei 29 Grad eingependelt und es geht immer ein kühler Wind. Und noch viel angenehmer: Es gibt hier keine lästigen Fliegen, die einem die Feuchtigkeit von den Augäpfeln saugen wollen. Da wir die „Kühle“ nach all dem Staub und der Hitze sehr genießen, beschließen wir noch ein paar Tage an der Küste zu bleiben und steuern den Coffin Bay und den Lincoln Nationalpark an.

Die Touristeninformation ist in einem Schnellimbiss untergebracht. Neben Burgern, Eis und Pommes bekomme ich hier auch den Parkpass und ein Permit für den Campingplatz. Ich bin etwas überrascht, dass wir den Stellplatz vorbuchen müssen und hätte mir lieber vor Ort einen Platz ausgesucht. Doch der Ordner mit detailierten Beschreibungen und Fotos der einzelnen Campsites erleichtert die Auswahl. Während ich ihn interessiert durchblättere und sich die freundlich Dame bereits in das Buchunssystem einlogt, kommt ein Mann um die Fünfzig in Tarnhemd und kurzer Hose herein und berichtet, dass der obere Teil des Nationalparks „wegen der Jagd“ gesperrt sei. Ein Hinweisschild, das wir später passieren, nennt es vornehm „Kangaroo Management“, aber es geht einzig und allein darum, die Tiere abzuknallen. Als ich meinen Unmut darüber zum Ausdruck bringe, ernte ich sowohl von ihm, als auch von der (nun nicht mehr ganz so) netten Dame vorwurfsvolle Blicke. Es gäbe einfach zu viele Kängurus und diese säßen sogar in ihrem Vorgarten, beschwert sie sich. Alles klar. Kängurus sind böse und offenbar nicht besonders gern gesehen. Sind sie dann genauso böse, wie jemand der Holz sammelt? Ein solches Vergehen kostet nämlich 10.000 Dollar Strafe, oder man wandert für 2 Jahre ins Gefängnis! Na gut, dass man nicht gleich erschossen wird wie die armen Kängurus.

Wenig später sind wir stolzer Besitzer eines Parkpasses und eines Stellplatzes für eine Nacht und wir fahren in den Coffin Bay Nationalpark ein. Die Straße ist ordentlich geteert, Aussichtspunkte sind mit Geländern gesichert und eine ganze Armada von Schildern weist den Besucher auf jede eventuelle Gefahr hin: „Stürzen Sie nicht von den Klippen“, „die Felsen könnten rutschig sein“, „die Straße ist zweispurig, achten Sie auf Gegenverkehr (?)“, „Wanderwege können auf unebenen Pfaden verlaufen. Seien Sie darauf vorbereitet“, „es könnte auf Ihrem Campingplatz Bienen geben!“ Okay, die Ranger vor Ort haben wirklich an alles gedacht und den Park idiotensicher gemacht. So viel steht fest. Hier wird es ganz sicher nicht abenteuerlich, oder gar gefährlich.

Am Yangie Bay Campground endet die Teerstraße und wir werden noch darauf hingewiesen, dass ab hier nur Allrad-Fahrzeuge fahren dürfen und wir den Reifendruck reduzieren sollen. Das ist dann aber auch das letzte Schild, bevor man uns der Wildnis überlässt. Denn nur wenige Meter hinter dem geteerten, hübsch aufbereiteten touristentauglichen Bereich des Nationalparks wartet ein verdammt harscher Track auf uns. Ehe wir uns versehen, befinden wir uns mitten in einer Tiefsandpassage, die sich gewaschen hat. Der Wagen schlingert und kämpft sich mit heulendem Motor am Strand einer türkisblauen Bucht entlang und eine Düne hinauf. An dem dahinter liegenden Salzsee kommen wir zum Stehen und Christian reduziert den Reifendruck noch weiter. Allerdings können wir nicht tiefer gehen als 28psi, denn hinter der nächsten Wegbiegung erwarten uns Felsbrocken und scharfkantige Platten, die wir mit den weichen Reifen vorsichtig empor klettern. Dann werden wir gleich wieder durch tiefen Sand und über eine Düne geschickt, während eine Herde Emus über den Salzsee zieht. Wir sind ein wenig überrumpelt von den plötzlichen Herausforderungen dieses Tracks und gleichzeitg überwältigt von der Schönheit dieses Nationalparks.

Das muss man den Aussies schon lassen. Es gibt mehrere hundert Nationalparks in Australien, allein im Bundesstaat Queensland sind es 278. Zum Vergleich: Es gibt nur 56 Nationalparks in den USA und Deutschland bringt es gerade mal auf 16. Trotzdem war jeder Nationalpark, den wir bisher in Australien besucht haben, wunderschön und hatte eine einzigartige Natur zu bieten. So auch hier: Grasebenen, die in der Abendsonne golden leuchten, wechseln mit dichtem Busch, der bis an die traumhaften Buchten heranreicht. Wellen branden an die Klippen, oder laufen auf die weißen Strände, an denen weit und breit kein Mensch zu sehen ist.

Als die Sonne bereits tief am Horizont steht, passieren wir dann das Big Turf Waterhole, an dem sich eine Herde Kängurus versammelt hat. Mit Kamera und Stativ pirschen wir uns vorsichtig heran und uns gelingen einige schöne Aufnahmen der Tiere, wie sie im Sand scharren und grasen. Dieser Park ist wirklich voller Leben. Zwei rosane Papageien sitzen auf dem Ast hinter uns und unterhalten sich schwatzend, während wir im letzten Abendlicht unser Camp aufbauen. Unser Stellplatz liegt auf den Klippen über einem langgezogenen Sandstrand und die Aussicht auf das türkisblaue Wasser ist atemberaubend. Es ist ein perfekter Platz, um am nächsten Morgen das Frühstück zu genießen, oder später das Buschklo aufzustellen. Wen interessiert das schon? Hier draußen ist ohnehin niemand außer uns.

Erst auf der Rückfahrt begegnen wir einem weiteren Jeep, der gerade in der Park einfahren will. Der ältere Herr lässt die Scheibe seines Hilux herunter und lehnt sich mit irritierter Miene aus dem Fenster. Dann ergibt sich folgendes, wohl für beide Seiten verwirrendes Gespräch (frei aus dem Englischen übersetzt): „Woher habt ihr denn ein Deutsches Auto?“ „Eh, das ist unser Auto.“ „Ja, aber kann man denn hier ein Deutsches Auto kaufen?“ „Nein, nein. Wir sind Deutsche und haben das Auto mitgebracht.“ „He? Ihr seid den ganzen Weg von Deutschland gefahren?“ „Aber nein. Wir haben das Auto verschifft.“ Der ältere Herr glaubt uns kein Wort. Beinahe empört sagt er dann: „Aber das ist doch ein Toyota Hilux!“ Sein Tonfall verrät, dass diese Autos Australische Autos sind bzw. ausschließlich Australiern vorbehalten sind. „Stimmt. Aber einen Hilux kann man auch in Deutschland kaufen.“ Damit ist das Gespräch beendet.

Auch für den Lincoln Nationalpark erwerben wir artig einen Parkpass und holen uns zudem noch ein Permit und einen Schlüssel für die Memorial Cove. Dieser Teil des Parks ist nämlich nur für Offroadfahrzeuge und die fünf Parteien zugänglich, die auf dem winzigen Campground übernachten möchten. Der Track ist weniger sandig als am Abend zuvor und auf den ersten Blick gut zu befahren. Die hart gefahrene Erde weist jedoch immer wieder heimtückische Schlaglöcher auf, die kaum zu erkennen sind. Später verläuft der Track ausschließlich über Fels, den wir steil empor klettern, uns über tiefe Rillen arbeiten müssen, oder unsanft von Stein zu Stein rumpeln. Dabei fühlen wir uns etwas an den Gaesavatnsleid in Island erinnert, auf dem wir stundenlang über Felsbrocken fuhren und ordentlich durchgeschüttelt wurden. Verglichen damit sind die 19 Kilometer bis zur Memorial Cove noch harmlos.

Auf dem Campingplatz steht außer uns nur noch eine Australische Familie, die ganz nach Aussie Art aus einem Offroadtrailer eine riesige Zeltstadt ausklappt. Den ganzen Abend hämmert der Vater und schlägt Zelthaken in die Erde, bis das fahrbare Haus mit riesigem Barbeque, Außenküche, tragbaren Solarpanelns und Außenlampen, die man vom Mond aus sehen kann, aufgebaut ist. Da loben wir uns doch die Exkab. Wir haben unsere Kabine in zwei Minuten aufgeklappt und gehen im warmen Abendlicht lieber noch in der seichten Bucht mit dem kristallklaren Wasser baden, anstatt den ganzen Abend an unserem Lager zu werkeln.

Beim Abendessen fällt die Temperatur auf 24 Grad und uns wird kalt. Ein herrliches Gefühl! Wir holen die Jacken aus dem Auto, denn immerhin ist es nun halb so warm wie im Outback zuvor und Christian spielt ernsthaft mit dem Gedanken, heute Nacht die Heizung anzumachen. Auf jeden Fall ist es hier unten an der Küste gerade sehr angenehm, sowohl das Jeepabenteuer, als auch der allabendliche Strandspaziergang, oder eben das Buschklo mit Aussicht.


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Ein Kommentar

  1. Guten Morgen, ihr Lieben!
    Hier scheint auch die Sonne am strahlend blauen Himmel. Immerhin 14 Grad bekommen wir heute – das werden im Wintergarten auch schon 28 Grad werden! 🙂 Freu! Freu mich auf die Kaffee- und Tichurunde am Nachmittag… Liebe Grüße!

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