Anderstouren

Der große Tag, oder ein Problem kommt selten allein…

Heute ist es so weit, heute ist der große Tag. Wir werden unseren Allaq im Hafen abholen und dann endlich unsere Reise beginnen. Der Vormittag ist total durchgetaktet: 9 Uhr Agent, dann Zoll, dann Hafen, 13 Uhr Mietwagen abgeben, 14 Uhr Ersatzreifen abholen, zwischendurch Rest einkaufen. Da darf nicht viel schiefgehen. Aber wenn alles klappt, dann haben wir unser Auto am frühen Nachmittag auf der Straße!

7 Uhr – Herr je, sind wir aufgeregt! Jenseits davon, dass das Frühstück im Hotel immer noch unterirdisch ist, bekommen wir auch so vor Aufregung lediglich ein halbes Toast hinunter gewürgt. Dann sitzen wir auch schon im Mietwagen und fahren Richtung Halifax. Das Bürogebäude unseres Agenten öffnet um 9 Uhr, wir sind um 8:30 Uhr da. Überpünktlich. Doch auch hier ist man sehr nett und Anne geleitet uns grinsend in ihr Büro. Sie ist es wahrscheinlich gewohnt, dass total aufgeregte Touristen die Papiere bei ihr abholen. Der Papierkram ist rasch erledigt – ein Dokument für den Zoll und eins für den Hafen. Bitte nicht verwechseln. Nun, das wird schwierig. Auf dem einen steht schließlich in großen lettern „PORT“ – das wird wohl für den Hafen sein 😉 Dann gibt es noch Tipps für den Zoll: Sie wollen uns kennenlernen, uns als Menschen einschätzen. Davon hängt ab, ob wir den Stempel bekommen, oder nicht. Alles klar.

9 Uhr – Noch ein Foto, dann geht’s gleich weiter zum Zoll. Dafür müssen wir aber durch die halbe Stadt und über die legendäre MacKay Bridge fahren. Unter dieser Brücke ist die Atlantic Sail auch hindurch gefahren, als sie unseren Allaq gebracht hat und wir konnten diesen großen Moment live per Webcam verfolgen. Umso begeisterter sind wir, als wir nun über eben diese Brücke fahren. Und dann können wir sie schon sehen: Die Atlantic Sail. Sie liegt wieder im Hafen und Allaq wird auch irgendwo dort unten sein. Aber zuerst müssen wir, wie gesagt, zum Zoll.

9:30 Uhr – Unser Navi lotst uns zu einem Gebäude, auf dessen Dach zwar munter die Kanadische Flagge weht, doch ansonsten deutet nichts auf den Zoll hin. Hm – sehr merkwürdig. Wir treten durch die Tür und stehen in einem winzigen Raum, in dem es nur Kameras gibt und Metalltüren, die mit Codesschlössern gesichert sind. Das ist hier alles topsecret und hier kommt keiner so ohne Weiteres rein. Verdutzt schauen wir in die Kameras und verdünnisieren uns dann schleunigst wieder. Irgendein Security Service, oder der Geheimdienst Kanadas? Wir gehen mal besser zum Nachbargebäude und hier sind wir dann auch richtig. Die Beamtin winkt uns lächelnd herbei, als wir das Foyer mit fragenden Mienen betreten. Auch sie kennt das schon. DIe Zollbeamtin ist eine ganz Süße, mit roten Haaren und einem Puppengesicht – doch sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie uns mit einem Wimpernschlag töten könnte. Sie trägt eine Schusswaffe, einen Schlagstock, drei Messer und ihre Fragen sind genauso messerscharf. Wie gesagt, sie will uns kennenlernen, will die Reiseroute wissen und wofür wir uns interessieren. Ich spicke den Bericht mit ein paar Details, mache ein Scherzchen, sie lacht mit, dann gibt es den Stempel. Na also, läuft doch.

10:00 Uhr Nächste Station: Der Hafen. Jetzt wird es ernst. Auch hier kommen wir nicht so ohne Weiteres hinein. Wir müssen erst zum Security Service, bekommen eine Nummer, einen Besucherpass, den wir uns anheften müssen und eine Warnweste. Dann werden wir mit einem Jeep in das Hafenterminal gefahren. Der alte Mann ist ziemlich grimmig. Er mag keine Touristen, man sieht es ihm an. Alle anderen im Hafen sind aber extrem freundlich. Auch hier gibt es noch ein paar Stempel, das Okay von oben und dann dürfen wir endlich zu unserem Allaq. Denn da steht er: In guter Gesellschaft mit einem Toyota Landcruiser und wartet auf uns. Wir freuen uns total und inspizieren ihn sogleich auf etwaige Schäden. Alles in Ordnung. Ist das zu fassen? War das nicht etwas zu einfach?

11 Uhr – Wir schwiegen uns auf den Sitz. Christian steckt den Schlüssel ins Zündschloss und wir wollen schon jubelnd die Fahne schwenken, doch dann springt der Wagen nicht an. Christian versucht es mehrfach, die Hafentechniker geben Starthilfe, doch es nützt nichts: Die Batterien sind beide tiefenentladen. Mist. Also zurück zur Security, Ausschreiben, zum Mietwagen, neue Autobatterien kaufen, wieder einschreiben und die Batterien einbauen. Trotzdem – der Wagen springt einfach nicht an. Oh Shit. Das sieht nach einem größeren Problem aus und ein solches kommt selten allein: Allaq muss in die Werkstatt, keine Frage. Dann müssen wir aber den Mietwagen behalten, die Fähre stornieren, wer holt dann den Ersatzreifen und wo in aller Welt schlafen wir heute Nacht ??

13 Uhr – wir telefonieren mit der Werkstatt, rufen den Abschleppdienst. Dabei ist es gar nicht so einfach, einen zu finden. Die Hafenmitarbeiter müssen mehrere Firmen anrufen, bis sich einer widerwillig bereit erklärt, uns einen Wagen zu schicken. 14 Uhr – Christian fährt in die Stadt, um den Ersatzreifen zu holen. 15 Uhr, 16 Uhr. Kein Abschleppdienst. Eh – der Hafen schließt aber um 16:30 Uhr und dann bekommen wir das Auto nicht mehr hier raus. Also rufe ich wieder an. Nein, das könnte ich vergessen. Sie würden jetzt erst die Anrufe abarbeiten, die um 10 Uhr eingegangen seien. Das kann noch bis Mitternacht dauern. Ihr wollt mich doch alle verarschen. Ich organisiere kurzer Hand ein paar Leute, die unseren Allaq mit dem Abschleppseil aus der Securityzone schleppen und dann kommt auch endlich der Abschleppdienst. Nicht zu fassen. Ich hetzte zum letzten Mal zurück zum Security-Büro und schreibe mich endgültig aus. Nun lächelte der alte Mann und wünscht mir alles Gute. Er hat Mitleid mit mir. Klar – ich sehe bestimmt total abgehetzt aus.

17 Uhr – Allaq wird abtransportiert und schließlich auf dem Toyotaparkplatz abgestellt. Kurz darauf steckt der Mechaniker seinen Kopf in den Motorraum. Aber heute können sie natürlich nichts mehr für uns tun. Die Werkstatt schließt jetzt. Christian kommt mit dem Mietwagen und dem Ersatzreifen zurück – auch ihn hat man ganz schön warten lassen. Gut, immerhin haben wir das Auto bei der Werkstatt und für heute können wir nicht mehr tun. Wir sind auch vollkommen erschöpft, verschwitzt, staubig und halb verhungert – das Letzte was wir gegessen haben, war das halbe Toast zum Frühstück… Geknickt klappen wir die Kabine auf, die Nacht werden wir auf dem Toyotaparkplatz gleich neben der lärmenden Hauptstraße und im Flutlicht des Autohauses verbringen. Hm – den großen Tag hatten wir uns irgendwie anders vorgestellt…


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4 Kommentare

  1. So ein Mist! Drücken ganz fest die Daumen, dass euer Allaq bald wieder gesund ist und ihr euer Abenteuer starten könnt! Liebe Grüsse aus der Schweiz Moni & Roli

  2. Oh nein! Ich hätte euch so gewünscht, dass alles wie am Schnürchen läuft. Ich hoffe nun, dass es nichts ernstes ist. Herzliche Grüsse Pia und Felix

    1. Danke, ihr Lieben! Ja, leider sind wir ziemlich gestrandet. Aber ihr kennt das ja auch zu gegnüge… Jetzt geht es uns mal so: Endloses Warten an der Werkstatt, zwischendurch die Ungewissheit, ob das Auto überhaupt repariert werden kann… 🙁

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