Allaq rumpelt durch ein Flussbett, durch das nur ein trübes Rinnsal fließt. Seine Räder kämpfen sich über dicke Felsbrocken, um sich dann am anderen Ufer wieder die steile Böschung hinauf zu ziehen. Danach folgen wir einem staubigen Track durch ein schmales Tal, das von harschen Felsen gesäumt wird. Die Hitze ist drückend; heute kratzt das Thermometer an der 40. Die Sonne brennt auf uns herab, die Hitze flimmert über dem Sand und den wenigen dornigen Büschen, die es schaffen, hier zu überleben. Niemals würde man auf den Gedanken kommen, dass es hier, im absoluten Nichts, einmal eine florierende Kleinstadt gegeben hat.
Doch zu unserer Überraschung zieht sich auf einmal ein Streifen Teer quer über die Piste. Dann noch einer und dann könnte man sich einbilden, dass es hier zwei geteerte Fahrspuren gibt, die natürlich von Wind, Wetter und der Zeit völlig zerfressen sind und den Track eher noch unwegiger machen. Doch es besteht kein Zweifel: Hier muss es einmal mehr als Wüste und ein verlassenes Tal gegeben haben.
Sperry ist eine dieser Städte, die in den 1920iger Jahren entstanden, als Verbindungsposten, oder Minenstadt ins Leben gerufen wurden. Hierher hat es sogar eine Bahnverbindung gegeben, bis die Stadt in den 60igern wieder aufgegeben wurde und wir sind erschrocken, dass nach so wenigen Jahrzehnten absolut nichts mehr geblieben ist, außer ein wenig Teer auf einer vergessenen Straße.
Wir sind auf einsamen Pfaden im Dunstkreis des Death Valley unterwegs. Doch wir sind uns ziemlich sicher, dass die meisten seiner Besucher diesen Teil des riesigen Nationalparks noch nie gesehen haben, beziehungsweise gar nichts von seiner Existenz wissen. Der Butte Valley Track führt uns von 30 Meter unter dem Meeresspiegel auf 1300 Meter Höhe hinauf. Aufs Neue folgen wir einem trockenen Flusslauf durch einen engen Canyon, bis die Ruinen einer Talgmiene in seinen lehmigen Flanken auftauchen. Louise Grantham, eine recht hartnäckige Frau hat dieses Land seinem Besitzer auf nicht ganz legale Weise abgeluchst und sich hier draußen eine Existenz geschaffen. Doch auch ihr Zuhause (mit Pool!) wurde nach ihrem Tod 1969 aufgegeben. Trotzdem können wir die einfachen Behausungen der Arbeiter noch erkennen, die sich Bretterverschläge gebaut und Höhlen in den Lehm gegraben haben, um der gnadenlosen Hitze zu entkommen. Auch ein paar alte Maschinen und Förderbänder stehen noch in der Landschaft. Verrostete Zeugen der Zeit.
Der Track wird unwegiger, felsiger, je weiter wir uns aus dem Talkessel hinaus arbeiten. Doch die luftige Höhe bringt auch Kühle und etwas mehr Grün hervor. Hier begegnen wir wilden Eseln, die wachsam die Ohren aufstellen und uns aus dunklen Augen ansehen, als wir vorbeirumpeln. Sie sind sicher auch ein Überbleibsel der früheren Mienenarbeiten, wo sie als Lasttiere eingesetzt wurden – die einzigen Überlebenden aus jener Zeit.
Denn auch Carl Mengel ist schon lange tot, der ebenfalls sein Glück in dieser Einöde versuchte und hier im 19. Jahrhundert eine Mienenstadt aufzog. Seine Hütte ist noch ziemlich gut erhalten und steht erhaben auf einem Hügel, um sein kleines Imperium zu überblicken, das nun jedoch auch nur noch Geschichte ist. Sand liegt im Eingang, verweht die geöffnete Tür und legt sich auf Stühle, Tische und Regale, überzieht die alten Bücher mit Staub. Trotzdem sieht es so aus, als wäre Carl gerade erst durch die Tür gegangen, um in seiner Miene nach dem Rechten zu sehen.
Unterhalb seiner Behausung schlagen wir unser Lager auf dem staubigen Track auf. Die Abendsonne wirft ein warmes Licht in das leuchtende Tal. Wir kochen und lauschen beim Abendessen fasziniert der absoluten Stille. Ja, es ist so still, dass wir unseren Herzschlag in den Ohren rauschen hören können und zum ersten Mal hören wir, dass die Kabine leise knackt, wenn sie nach der Hitze des Tages langsam abkühlt. Hier draußen ist absolut niemand, nur ein Esel trabt einsam über die weite Ebene. Trotzdem sind wir uns ziemlich sicher, dass in dieser Wüste „mountain lions“ zu Hause sind und so beeiligen wir uns mit dem Abwasch. Denn die Sonne stürzt hinter die Berggipfel und die Nacht fällt auf uns herab wie eine Wand. Christian räumt noch die Stühle ins Auto, als der Esel zu schreien beginnt. Er gibt heisere, alarmierende Rufe von sich, ja, er bellt beinahe. Christian kommt eilig in die Kabine und schließt die Tür. Keine Frage. Dort draußen ist eine Meute Koyoten, oder es hat sich wirklich ein Puma angeschlichen. Denn die Geister der verlassenen Städte werden dem Esel wohl keine Angst einjagen…
Am nächsten Morgen finden wir gleich neben dem Auto die Tatzenabdrücke einer großen Katze im Sand…
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