Anderstouren

Shopping im Outback

Der Oodnadatta Track, 613 staubige Kilometer durch absolutes Nichts, liegt nun vor uns. Wir hätten uns das gerne erspart, denn wir haben diese Piste als ziemlich ungemütlich in Erinnerung. Aber hier draußen gibt es nun einmal nicht viele Straßen und da die nördlicheren Ost-West Verbindungen allesamt überflutet und gesperrt sind, bleibt uns nichts anderes übrig. Wir müssen den Lake Eyre und die Wassermassen, die dorthin streben, auf diesem Weg umfahren, um dann an die ursprüngliche Reiseroute wieder anknüpfen zu können.

Wir halten in Leigh Creek, ein künstlich angelegter Ort aus den 80iger Jahren. Die Straßen sind leer gefegt, der Ort wirkt wie ausgestorben. Aber hier gibt es immerhin eine Schule, ein Krankenhaus und einen Supermarkt und der ist unser Ziel. Leigh Creek mag zwar nicht schön sein, aber es ist die letzte Möglichkeit noch etwas einzukaufen, bevor wir für viele Tage bestensfalls in einsamen Roadhouses halten können, in denen ein gefrorenes Toastbrot 7 Dollar kostet.

Einkaufsambiente bei Neonlicht

Umso entsetzter bin ich, als ich den kleinen Laden durch die seitliche Tür betrete. Denn ich werde zunächst von einem unübersichtlichen Sammelsurium wild zusammengewürfelter Artikel erschlagen, die eher an einen 1-Euro Shop erinnern als an ein Lebensmittelgeschäft. Da sind Cowboyhüte, kitschige Glasschalen und Figürchen, geblümte Sommerkleider und Plastikblumen in grellen Farben. Eh, habe ich mich in der Tür geirrt? Ich dachte, ich bin hier im „Foodland“? Hier scheint es alles und nichts zu geben. Alles, was man nicht haben will und nichts, was man wirkllich braucht.

„Food“ finde ich dann endlich in den hintersten beiden Gängen, nachdem ich meinen Wagen irritiert durch das Chaos geschoben habe. Doch auch hier sieht es nicht viel besser aus: Die grauen Regale sind nur spärlich gefüllt, manche völlig leer. Unseren sorgfältig vorbereiteten Einkaufszettel kann ich gleich wieder einstecken. Shopping im Outback. Ich muss sehen, was ich überhaupt kriege.

Frische Champignons kosten 15 Dollar pro Kilo, ein stolzer Preis. Bei den Bananen und Tomaten verhält es sich ähnlich. Nicht umsonst hängt das meiste Obst und Gemüse müde und braun in den Körben. Es scheint schon eine ganze Weile auf einen Käufer zu warten. Aber wer kann sich das bitte leisten? Ich begnüge mich also mit einem Netz Zwiebeln und einer Gurke, die halbwegs erschwinglich ist. Vitamine werden eh überbewertet. Aufstrich gibt es gar nicht, bei den Konserven sind Bohnen in vier Varianten überrepräsentiert, während ich wieder keine Champignons bekomme und die Brotauswahl besticht vor allem durch Abwesenheit. Ich stürze mich deswegen regelrecht auf eines der letzten drei Toastbrote, das Rosinentoast nehme ich auch noch mit und so bleibt noch ein einsames Brot zurück, als ich mit diesem Regal fertig bin. Na gut, verhungern werden wir schon mal nicht.

Viel gravierender ist hingegen die Tatsache, dass es kein Wasser mehr gibt. Die letzten fünf Flaschen verschwinden sofort in meinem Wagen, doch das reicht bei Weitem nicht. Fünf Flaschen trinken wir bei den Temperaturen, der Trockenheit und dem Staub zur Zeit am Tag. Es hilft also nichts. Wenig später schleppe ich 10 Liter-Wassersäcke auf den Parkplatz, auf dem sich Christian dann damit vergnügen kann, diese äußerst unhandlichen Säcke in Flaschen umzufüllen. Wie gut, dass wir unsere leeren Wasserflaschen gesammelt haben. Irgendwie hatten wir es im Gefühl, dass der Einkauf in Leigh Creek nicht ganz so einfach werden würde.

Der Glastresen, in dem normalerweise frische Backwaren und Grillhähnchen angeboten werden, ist völlig leer. Der Kühlschrank daneben scheint zwar zu laufen, enthält aber keine Waren. Die hagere Dame hinter der Kasse, sie geht bestimmt auf die sechzig zu, ist völlig überfordert, als ich ihr den Inhalt meines Wagens auf den Tresen lege. Ich muss ihr die Artikel einzeln in die Hand geben, damit sie sie umständlich eintippen kann und dabei nicht die Übersicht verliert. Offenbar macht hier nicht oft jemand einen Großeinkauf. Die meistens Aussies besitzen riesige Kühltruhen, die sie dann auf ihren Pick-up (in Australien Ute genannt) packen und damit in die nächste Stadt fahren. Port Augusta ist nur 300 Kilometer entfernt. In den Augen eines Aussies ist das quasi „um die Ecke“.

Das wird uns ziemlich klar, als wir das Schild des Oodnadatta Tracks passieren, auf dem Entfernungen angegeben sind. Bei den Angaben handelt es sich allerdings nicht, wie man vielleicht annehmen würde, um die nächst größeren Städte, während die kleineren Ortschaften dazwischen ausgelassen werden. Nein, es sind die einzelnen Häuser, die auf diesem Weg liegen und dazwischen gibt es einfach nichts. Das bedeutet nichts anderes, als dass Trevor aus dem Roadhouse in William Creek 202 Kilometer fahren muss, um seine Nachbarin Adriana im Pink Roadhouse zu treffen. Na, dann sollte es auch kein Problem sein, 300 Kilometer zum Einkaufen zu fahren.

Unvorstellbare Entfernungen, von denen wir eine Ahnung bekommen, während unsere Reifen über den Oodnadatta Track rumpeln. Vor den Fenstern zieht nichts anderes vorbei als Weite und Staub. Das Land ist so flach, dass der Horizont in der flimmernden Hitze irgendwann mit dem Himmel zu verschmelzen scheint. Die rote Erde ist trocken und wird lediglich hier und da von einigen Büschen bewachsen. Wir fahren den ganzen Tag auf einer schnurgeraden Schotterstraße und begegnen dabei nicht einem einzigen anderen Fahrzeug. Lediglich ein „Willywilly“, eine Windhose zieht hin und wieder über die Ebene und begleitet uns eine Weile mit ihrem wirbelnden Tanz. Einmal zeigen sich sogar gleich fünf dieser Mini-Tornados und zischen vor uns über die Fahrbahn.

Ansonsten passiert hier draußen nicht viel und wir halten immer auf den Fluchtpunkt dieser Piste zu. Dabei kann man nicht einfach entspannt aus dem Fenster schauen, sondern muss die Augen zu jeder Zeit konzentriert auf der Straße haben. Der Oodnadatta Track ist als „Reifenkiller“ verschrien und auch wir haben im Jahr 2015 schon einen Reifen an diese Piste verloren. Überwiegend ist sie bretthart und größten Teils mit Wellblech überzogen, das eine gewisse Geschwindigkeit fordert, damit wir nicht durchgeschüttelt werden wie in einer Mischmaschine und die Schrauben aus dem Getriebe fallen. Dann wartet sie jedoch wieder mit unerwartet tiefen Sandlöchern, sogenannten „Bulldust Holes“ auf, die Christian auf die Bremse und den Wagen in die Verschränkung zwingen.

Unser Lager am Oodnadatta Track

„Bulldust“, so nennen die Australier den feinen roten Staub, der hier draußen einfach allgegenwärtig ist. Er legt sich auf das Armaturenbrett, über die Kaffeebecher, kriecht in die Nase und wir ziehen ihn als rötliche Wolke hinter uns her. Als wir am Abend unser Lager einige hundert Meter neben der Piste aufschlagen, sind wir von dem Staub regelrecht überzogen. In diesen Gefilden lernen wir unsere Außendusche noch mehr zu schätzen, denn es ist einfach nur herrlich, den ganzen Staub und die Hitze des Tages abspülen zu können. Wir sitzen in unseren Stühlen, während ein riesiger, rötlicher Vollmond über der Ebene aufgeht. Dabei lauschen wir den Grillen und dem Brausen des Windes, der irgendwo in weiter Entfernung über die Wüste fegt, ohne uns jedoch zu erreichen. Kommt doch mal ein Lufthauch auf, dann ist er warm und die Temperaturen halten sich über 30 Grad, obwohl der Mond die Landschaft in ein kühles Licht taucht. Sonst ist es vollkommen still. Es gibt hier nur die Weite, den Vollmond und uns!

Mondaufgang über der Wüste

3 Kommentare

    1. Liebe Isa, die schreckliche Piste ist ja nicht das Schlimmste, sondern die beiden Zyklone, die zur Zeit über das Land jagen. Blog dazu kommt noch 😉

      Alles Liebe zum Geburtstag, nachträglich 😉

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