Anderstouren

Aussies und ihre Schilder

Von der Simpson Desert führt uns unser Weg zurück nach Süd-West, zum Oodnadatta Track. Die Piste ist staubig, tiefer Sand wechselt mit felsigen Passagen oder bretthartem Wellblech. Aber die Sandflagge ist nicht mehr auf dem Dach, also kann Christian den unbequemen Track mit der entsprechenden Geschwindigkeit abreiten und so ist er nur halb so ungemütlich.

Dabei amüsieren wir uns wieder einmal prächtig über die Australischen Schilder. Am Eingang der Piste sagt uns ein Schild, dass die Entfernung von Dalhousie Springs bis zur Hamilton Station 69 Kilometer beträgt. Auf der anderen Seite das gleiche Schild, allerdings sollen es in der Gegenrichtung 75 Kilometer sein. Wie ist das möglich? Wie kann man auf einer einspurigen Sandpiste von Ost nach West sechs Kilometer einsparen, während sie einem auf dem Rückweg geklaut werden? Läuft das etwa genau wie mit der Zeit bei einem Flug von und nach Australien?

Effektiv zeigt sowohl unser Tacho als auch das GPS-Gerät an, dass wir nur 64 Kilometer gefahren sind. Verrückt, nicht wahr? Und dieses rätselhafte Phänomen tritt hier nicht nur einmal auf. Dabei widersprechen sich die Australischen Schilder zum Teil selbst. Fünf Kilometer nachdem uns ein grünes Schild gesagt hat, dass Coober Pedy noch 30 Kilometer entfernt ist, behauptet ein zweites grünes Schild, dass es nun nur noch 10 Kilometer seien.. ? Ein anderes Beispiel: Vom Strzelecki Track sollen es 180 Kilometer sein, bis man Arkaroola erreicht. In Ordnung. Doch nachdem wir bereits 100 Kilometer gefahren sind, sagt ein neues Schild, dass Arkaroola immer noch 129 Kilometer entfernt sei. Wie bitte? Das macht aber 229 Kilometer und auf einer holprigen Schotterpiste mal eben 49 Kilometer mehr zu fahren, ist mitunter eine Sache von zwei Stunden. Letztlich erreichen wir die kleine Ansiedlung in den Bergen nach 224 Kilometern. Das Schild am Strzelecki Track lag also ziemlich weit daneben..

Deswegen ist es vielleicht kein Wunder, dass Aussies dazu tendieren, ihre Straßenschilder handschriftlich zu ergänzen. Da streicht jemand (verständlicherweise) die Entfernungsangabe durch und schreibt die in seinen Augen korrekte Zahl daneben. Es werden auch die Funkfrequenzen mit Farbe neben den Ortsnamen auf das Schild geschrieben, die auf dieser Strecke zu verwenden sind, oder Angaben zum Straßenzustand gemacht, beispielsweise „4×4 only“. Ja, wo gibt es denn so was? Wer würde denn in Deutschland auf die Idee kommen, am Kreuz Köln-Ost „Vorsicht, häufig Stau“ auf das blaue Schild zu kritzeln. Manchmal dichtet auch irgendein Scherzkeks einer Creek einen neuen Namen an und schreibt seine Erfindung dazu. Die Hemmschwelle, Straßenschilder zu verbessern und zu ergänzen, scheint in Australien auf jeden Fall eher niedrig zu sein.

Doch letztlich muss man sagen, dass es sich selten um Schmierereien, Schimpfworte, oder sonstige Begriffe handelt, die unter die Gürtellinie gehen. Nein, meistens sind die Ergänzungen der Aussies sogar hilfreicher als das, was offiziell auf das Schild gedruckt wurde. Zumindest schaffen es die Behörden immer wieder großartig vor einem „Dip“, einer tiefen Welle mitten auf der Straße, zu warnen und dann tritt absolut nichts dergleichen auf. Schilder mit Ausrufezeichen zeigen Gefahren an, die aber weit und breit nicht zu auszumachen sind. 500 Meter weiter zieht sich dann aber garantiert ein 30cm breiter Riss quer über die Fahrbahn, in den wir krachend hinein donnern. Von einem Hinweisschild keine Spur. Die roten Fähnchen, die hin und wieder in den Sand geschlagen sind, sollte man aber beachten und besser auf die Bremse treten. Denn dann erwartet einen meistens ein „Bulldusthole“ vom Feinsten, eine tiefes Loch, das mit Sand gefüllt ist und völlig unvermittelt in einer brettharten Piste auftritt.

Die Bewohner des 5. Kontinents kennen ihre Pisten natürlich und auch ihre Gefahren. Sie scheinen auch keinen großen Unterschied zwischen gedruckten und handschriftlichen Schildern zu machen und beides in gleichem Maße ernst zu nehmen. So gibt es die Schilder „Road closed“, Straße gesperrt ebenso häufig als offiziell gedruckte, wie auch als hin geschmierte Version. Trotzdem sollte man beides auf jeden Fall beachten und dann tunlichst nicht in diesen Track einfahren, weil er vielleicht weggespült wurde, oder sonst irgendeine Katastrophe auf einen wartet. So ist das eben mit den Aussies und ihren Schildern und auch wir gewöhnen uns langsam daran..

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